Singende Windmühlen
an der Südwestküste Portugals


Seit dem 11.Jahrhundert hat die Nutzung der natürlichen Windenergie in Europa Tradition. In vielen Ländern wie beispielsweise Holland spielten die Windmühlen bedingt durch das Fehlen anderer nutzbarer Energiequellen eine wichtige Rolle in der Industrie und oder bei der Landgewinnung durch Trockenlegung/ -haltung neuer Polder. Durch Erfindung zuverlässiger und zu jeder Zeit nutzbarer künstlicher Kraftquellen, wie der Dampfmaschine, später der Elektrizität, wurde die natürliche Energiequelle Wind allmählich zurückgedrängt und die einstmals zahlreichen Windmühlen verfielen zusehens, bis man sich in den 60er Jahren der Bedeutung dieses Kulturerbes wieder bewußt wurde.

Hier ist eine typische portugiesische "Klang"-Windmühle.

Wenn Sie diesen Text anklicken hören Sie die Mühle singen.

 

 

In Portugal hatte man den Vorteil, daß das Land vorwiegend bäuerlich strukturiert war und sich so die alten und heute wieder so modernen Technologien viel länger behaupteten als anderswo in Europa. So waren 1965 etwa 3000 Windmühlen (hier eine Übersicht mit Bildern) und ca. 20.000 Wassermühlen noch IN BETRIEB!!

Zwei portugiesische Windmühlen mit Klangkörpern
auf dem Umrandungstau des Windrades.

Im Jahre 1965 wurde in Estoril bei Lissabon das erste internationale Treffen der neugegründeten TIMS (The International Molinological Society) abgehalten (Siehe auch TIMS Sektion Portugal). Diese Gesellschaft hat sich der weltweiten Erforschung von Funktion, Zweck und Erhaltung bzw. Restaurierung von wind-, wasser- und muskelkraftgetriebenen Mühlen verschrieben.

Anlässlich dieses Treffens wurde eine restaurierte Windmühle auf den Hügeln von Moinhos Santana als Freilichtmuseum ihrer Bestimmung übergeben. Photos dieser Mühle zeigen eigenartige Gefäße verschiedener Größe mit einem Loch am Ende, die am Umrandungstau zwischen den Flügelspitzen oder direkt am Flügelholm des Windrades befestigt sind.

Picture of the sound-vessels of a Portuguese windmill.

Wenn der Besucher vor solch einer Mühle steht und diese nicht in Betrieb ist bemerkt er nichts Besonderes und wundert sich über diese eigenartigen, schweren Gefäße aus Ton, die doch eigentlich durch ihren Windwiderstand und Gewicht die Leistung dieses kleinen Kraftwerks nur schmälern müßten.

Überall sonst in der Welt hört man bei Inbetriebnahme einer Mühle lediglich das Windgeräusch der vorbeisausenden Flügel und das Ächzen und Knarren der hölzernen Mechanik.

Nicht so in Portugal.

Wenn die Flügel sich zu drehen beginnen hört der überraschte Besucher einen angenehmen dutzendstimmigen Akkord, der durch mehrere Dutzend solcher tönernen Gefäße an den Windmühlenflügeln hervorgerufen wird.

Welche Aufgabe hatten diese Gefäße?

Nach  Herrn Jorge Miranda, dem Präsidenten der portugiesischen Abteilung der TIMS (s.o) haben die Klanggefäße folgende Aufgabe:

Als Materialien für die Klangkörper wurde normalerweise Ton verwendet. Selten findet sich Schilf, Rohr oder sogar Konservendosen für diesen Zweck.

Herr publication officer der TIMS, sandte mir dankenswerterweise weiteres Informationsmaterial, das die verschiedenen Arten und Konstruktion der Klanggefäße verdeutlicht:

So gibt es drei verschiedene Klanggefäße, die sich in Größe und Konstruktion unterscheiden. Der bei der Umdrehnung des Windmühlenrades erzeugte Wind erzeugt mittels spezieller Schallöcher einen kontinuierlichen Ton.
 

Zwei "Buzinas" genannte Klangkörper am Flügelbalken
mit zwei Gegengewichten aus Eisen unterhalb davon.

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"Búzios" am Windrad und seinem Umrandungstau befestigt.
Portugiesische Windmühle
bei Lissabon.

Merci à Christine Irastorza et Didier Ferment pour les photos!!

Ein "Canodo" aus Blech in Form eines Kegelstumpfes und
kleinere, vasenähnliche "Jarras" mit flachem Boden
auf dem Umrandungstau des Flügelrades

Prinzip-Zeichnung der verschiedenen Summerarten:
1. "Búzio"   2. "Jarra"   3. Doppel-Búzio   4. "Canudo"
Beachten Sie das gebogene Schalloch des "Canudo".
Die Taillierung der Gefäße und die Laschen am Canudo
dient zur Befestigung mit Draht.

Die Klanggefäße werden, die Größten außen, die Kleinsten nach innen auf den Flügelstangen bzw. an den Umrandungstauen festgebunden. Der durch die Flügeldrehung erzeugte Fahrtwind streicht über die Schallöcher der Gefäße und bringt die Luft in ihrem Inneren analog einer angeblasenen Flasche zum Tönen. Dabei ist die Tonhöhe (siehe kubische Pfeifen) vor allem abhängig vom Verhältnis Volumen des Gefäßes zur projezierten Schalloch-Fläche.

 


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